Das Weitwinkelobjektiv macht es möglich: Windrad und Longinusturm scheinen sich einander zuzuneigen. Im kommenden Jahr werden nach über 30 Jahren Betriebszeit die beiden Windkraftanlagen auf dem Westerberg abgebaut.
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2026 erfolgt der Rückbau (03.12.2025)

Windräder werden abgebaut

NOTTULN. Seit mehr als drei Jahrzehnten sind die beiden Windkraftanlagen auf dem Westerberg in den Baumbergen eine Landmarke für Ökonomie und Klimaschutz. Nun hat die Betreibergesellschaft den Rückbau der Anlagen beschlossen. Beide Windräder wurden damals allein mit Bürgerkapital finanziert.

Windräder auf dem Westerberg in den Baumbergen

Von Ludger Warnke

NOTTULN. Seit mehr als drei Jahrzehnten sind sie eine Landmarke und prägen wie der Longinusturm und der WDR-Sendemast den Höhenzug der Baumberge: die beiden Windenergieanlagen (WEA) der Windkraftanlagen Baumberge GmbH & Co. KG auf dem Westerberg. Im April 1994 wurden sie im Rahmen einer Feierstunde mit über 300 Bürgern offiziell in Betrieb genommen.

Nun, fast 32 Jahre später, stehen beide Anlagen vor ihrem Ende: „In der Betreibergesellschaft ist der Beschluss getroffen worden, die beiden Anlagen wieder zurückzubauen“, sagt der Havixbecker Paul Lülf-Niehoff, Initiator und Kommanditist der ersten Stunde, auf Anfrage der Redaktion. Wann der Rückbau genau erfolgen werde, sei noch offen. Der Auftrag dazu sei noch nicht vergeben. Doch müsse man in den nächsten Monaten sicher damit rechnen.

Der Grund für den Rückbau liege nicht darin, dass das Lebensende der Anlagen schon erreicht sei. Der Betrieb beider Anlagen ließe sich fortsetzen, sagt Lülf-Niehoff, doch die Kosten und der Aufwand für die Unterhaltung würden immer größer. Der Punkt der Unwirtschaftlichkeit ist nun erreicht.

Mit den beiden Enercon-Windrädern (Masthöhe 42 und 48 Meter, Rotordurchmesser 40,3 Meter, Leistung 500 kW) leistete die Betreibergesellschaft vor über 30 Jahren echte Pionierarbeit. Zu verdanken ist die Realisierung unter anderem dem Einsatz von Paul Lülf-Niehaus und Prof. Dr. Wolfgang Köhnlein, die nicht müde wurden, für das Vorhaben zu werben.

98 Kommanditisten, Bürger aus Havixbeck und Umgebung, taten sich zusammen und brachten 2,5 Millionen D-Mark auf. Ohne jegliche staatliche Förderung, allein durch das Geld der Bürger wurden die Anlagen finanziert. „Der Großteil der Kommanditisten der ersten Stunde beziehungsweise deren Kinder sind auch heute noch in der Gesellschaft“, sagt Lülf-Niehaus.

Ein starker Zusammenhalt besteht auch zur Landwirtsfamilie Schulze Bisping als Eigentümerin der Fläche, auf der die Anlagen stehen. Noch ganz genau kann sich Paul Lülf-Niehoff daran erinnern, als er 1992 zusammen mit Wolfgang Köhnlein Windmessgeräte auf dem Westerberg installierte. Landwirt Josef Schulze Bisping sen., der einen benachbarten Acker bewirtschaftete, habe das gesehen und sei auf sie zugekommen. Aus diesem ersten Gespräch entwickelte sich großes Vertrauen. Josef Schulze Bisping sei sehr aufgeschlossen gewesen und habe sich alles genau erklären lassen.

Das kann die Familie Schulze Bisping nur bestätigten. Ein handschriftlicher Vermerk im sogenannten Familienaktenordner „Wind“ zeugt davon. Dass die beiden Anlagen nur von Bürgern finanziert werden, habe imponiert. Es kam zu einem Pachtvertrag.

„Angenehm für uns war in über 30 Jahren der wertschätzende Umgang mit der Gesellschaft. Es ging allen um den Erfolg dieser neuen Technologie, nicht um den monetären Ertrag“, berichtet Christina Schulze Bisping. „Einmal jährlich erhielten wir einen mündlichen Jahresbericht bei einem Schnäpschen an unserem Kamin“, erzählt sie. An diesem Treffen wird auch heute noch festgehalten. Nur das mit dem Schnäpschen hat sich angesichts des fortgeschrittenen Alters aller Beteiligten doch sehr reduziert.

Dass der Gedanke des Klimaschutzes vor 30 Jahren im besonderen Fokus stand, wurde bei der Einweihung deutlich. Prof. Dr. Wolfgang Köhnlein sagte damals: „Unser Umgang mit Energie und Rohstoffen ist verantwortungslos. Wir, die Reichen dieser Erde, verhalten uns so, als hätten wir weitere Erdkugeln in Reserve.“

Aus Sicht von Paul Lülf-Niehoff ist das Projekt in wirtschaftlicher Hinsicht und für den Klimaschutz ein Erfolg. Durchschnittlich 1 bis 1,3 Millionen kWh Strom seien jedes Jahr erzeugt worden.

Gerne hätte man Projekt ausgeweitet. Es gab Pläne für ein Windfeld mit fünf Anlagen und zwischenzeitlich auch Pläne für ein Repowering mit leistungsstärkeren Windrädern. Doch war dafür keine Genehmigung zu bekommen.

Auch Familie Schulze Bisping sieht ein Repowering kritisch. Man halte den Standort auf dem Westerberg für zu sensibel, weshalb man anfängliche Überlegungen direkt abgewehrt habe.

Das beschlossene Aus für die beiden Windkraftanlagen im kommenden Jahr sorgt bei Paul Lülf-Niehoff für Wehmut.

Es bleibt die Erinnerung an ein bürgerschaftliches Pionierprojekt, um einer neuen, klimafreundlichen Technologie den Weg zu bereiten. Ein Projekt, das bis heute fasziniert und Gegenstand von Exkursionen zum Westerberg ist.

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