Verträgliches Maß überschritten (21.06.2025)
NOTTULN. Erinnert sich noch jemand an die Interessengemeinschaft „Nottuln – schöne Aussichten“? Als die Gemeinde Nottuln 2013 Pläne zum Ausbau der Windenergie erwog, regte sich offener Bürgerprotest, inklusive Unterschriftensammlungen, Plakataktionen und sehr hitziger Diskussionen in einer öffentlichen Bürgerveranstaltung. Zwölf Jahre später steht nun tatsächlich der Ausbau der Windenergie im Gemeindegebiet auf der Agenda. Der große, öffentlich ausgetragene Protest ist diesmal aber nicht erkennbar. „Wir wollen das diesmal auch nicht so machen. Von diesem Vorgehen haben wir uns verabschiedet“, schildern zum Beispiel Anwohner aus dem Wohngebiet Fasanenfeld im Gespräch mit der Redaktion.
Dennoch: Nicht wenige Anwohner sehen den massiven Ausbau der Windenergie in diesem Gebiet kritisch und sind daher hinter den Kulissen sehr aktiv, rechtliche Fragen zu klären und Einflussmöglichkeiten zu sondieren.
Erst durch die WN-Berichterstattung haben Anwohner erfahren, dass bis zu 19 neue Windenergieanlagen (WEA) im Bereich Nottuln – Darup – Rorup beabsichtigt sind. Für den überwiegenden Teil dieser Anlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 266,5 Metern gibt es positiv beschiedene Vollanträge beziehungsweise positiv beschiedene Vorbescheidsverfahren.
Viele Anlieger, auch zum Beispiel am Grauten Ihl, realisierten erst nach und nach, wie stark sich das Landschaftsbild künftig verändern würde, wenn alle Anlagen gebaut werden, schildern Anwohner.
Dass unter den geplanten Anlagen auch Repowering-Projekte sind (Austausch alter gegen neue Anlagen) mindert die Sorgen nicht. Denn die neuen Anlagen sind stellenweise bis zu 266,5 Meter hoch. Zum Vergleich: Der Turm von St. Martinus ist etwa 60 Meter hoch, der Longinusturm rund 32 Meter.
„Wir sind nicht gegen Windenergie grundsätzlich“, betonen Anwohner im Gespräch. Sie halten aber das Maß für einen verträglichen Ausbau für deutlich überschritten.
In einem ersten Schritt haben Anlieger Ansichten erarbeitet, wie sich das Landschaftsbild verändern könnte. Auch ging es darum, in Briefen an den Bürgermeister und an den Landrat Informationen zu erhalten. So hat Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes betont, dass es nicht Absicht der Verwaltung und der Politik gewesen sei, Informationen zurückzuhalten. Alle im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde getroffenen Entscheidungen seien offen kommuniziert worden. Genehmigungsverfahren des Kreises Coesfeld könne die Gemeinde aber nicht öffentlich machen.
Der Kreis Coesfeld macht deutlich, dass die Bürger keine Einspruchsmöglichkeiten haben, solange die Genehmigungsverfahren nicht abgeschlossen sind. Erst später bei einer erteilten Genehmigung wäre es möglich, den Rechtsweg zu bestreiten. Dafür müsse man aber nachweisen, dass man von dieser Entscheidung betroffen sei.
Neben diesen Briefen arbeiten Anwohner auch an einer Vernetzung mit lokalen Akteuren in den anderen Baumberge-Kommunen Billerbeck und Rosendahl. Mit großem Interesse verfolgen Nottulner, welche rechtlichen Schritte einzelne Personen eingeleitet haben. Auch geht es um einen intensiven Meinungsaustausch.
Ob und in welchem Ausmaß sich der Protest öffentlich manifestieren wird, bleibt aktuell unklar. Dass nach offiziell noch unbestätigten Aussagen die in Stockum dem Ortsrand nächstgelegene Windenergieanlage nicht realisiert werden soll, ist aus Sicht mancher Anlieger ein Anfang.
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