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„Die Einnahmeseite stabil halten“ (23.08.2025)

NOTTULN. Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes tritt zum zweiten Mal für das Amt des Verwaltungschefs an. Zu seiner ersten Amtszeit zieht er ein recht zufriedenes Fazit. „Es ist schon Wahnsinn, was wir hier zusammen auf den Weg gebracht haben innerhalb der letzten fünf Jahre. Die neuen Baugebiete, Agravis – das hat schon Spaß gemacht. Das gilt auch für das politische Leben hier in Nottuln. Und natürlich die Nähe zu den Bürgern, die hier sehr gut funktioniert. Ich habe Blut geleckt, könnte man sagen. Ich würde das gerne weitermachen.“

Natürlich hätte es in den vergangenen Jahren auch Projekte gegeben, über die man noch einmal kritisch nachdenken müsse – daher gelte es, sich noch mehr mit den Bürgern vor Ort auseinanderzusetzen.

Und auch die Zukunft halte noch viele Aufgaben bereit. „In erster Linie sehe ich da die Themen Bildung und Schule. Und auch die Gemeindefinanzen. Ich schaue da gerne zu unseren Nachbarn nach Senden, die vieles richtig gemacht haben. Dort sehe ich die Gemeinde Nottuln auch in ein paar Jahren. Es liegt also noch viel Arbeit vor uns. Aber das sind ja alles Dinge, die man greifen, bei denen man den Erfolg sehen kann. Insofern sehe ich mich hier an der richtigen Stelle.“

Die Redaktion hat die Leserinnen und Leser darum gebeten, ihre Fragen an den einzigen Kandidaten zu stellen.

Die Gemeinde plant, CO₂-neutral zu werden, doch die Diskussion um Windkraftanlagen weckt Besorgnis. Warum wurden bei der Standortwahl keine Windzonen ausgewiesen, die eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung gefunden hätten – etwa entlang der A43? Wie können Sie noch in den Prozess als Bürgermeister und Gemeinderat eingreifen, um im Sinne der Bürger eine tragbare Lösung zu finden, ohne die Gemeinde meistbietend zu veräußern?

Dr. Dietmar Thönnes: Der Gemeinderat hat am 14. Dezember 2021 mit großer Mehrheit beschlossen, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden – und das bei einem steigenden Bedarf an Energie. Ganz bewusst ist aus diesem Grund der Flächennutzungsplan „Konzentrationszonen Windenergie“ aufgehoben worden, um neue Windenergieanlagen zu ermöglichen. Die Baugenehmigungen dazu werden vom Kreis Coesfeld erteilt, die Gemeinde ist im Rahmen der gebundenen gemeindlichen Zustimmung beteiligt. Die Antragssteller sind entweder seit langer Zeit im Besitz von geeigneten Flächen beziehungsweise haben sich entsprechend windträchtige Flächen schon vor vielen Jahren vertraglich gesichert. Für die Gemeinde sind neben der angestrebten finanziellen Beteiligung der Bürger auch die Erlöse aus der Windkraft für den Gemeindehaushalt wichtig, um in viele Projekte in Nottuln reinvestieren zu können.

Sie möchten mehr Bürgerbeteiligung und -information. Welche Formen streben Sie dabei an? Wird es eine Redemöglichkeit für Bürger in Ausschüssen geben? Wird man die Videoübertragung auf die Ausschüsse ausweiten?

Thönnes: Die Formate „Politik vor Ort“, die Bürgersprechstunde und die Formate „Jugend entscheidet“ und „Politik & P.“ bleiben erhalten. Besonders „Politik vor Ort“ bietet allen Bürger die Möglichkeit, zweimal im Jahr in jedem der vier Ortsteile mit Politik und Bürgermeister ganz offen und direkt ins Gespräch zu gehen. Die Gemeindeordnung NRW sieht kein Rederecht von Bürgern in Ausschüssen vor. Alle Politiker der Gremien und des Rates sind aber ansprechbar. Unsere Repräsentative Demokratie ist so organisiert, dass die gewählten Politiker die Anliegen der Einwohner vertreten. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, dass Bürger direkt Anträge stellen (§24 GO NRW), die in den politischen Gremien anschließend beraten werden. Mein Appell an die Nottulner ist: Gehen Sie wählen und geben Sie Ihre Stimme denjenigen, die Sie am besten vertreten werden und fordern Sie das dann auch während der kommenden Wahlperiode ein. Neu aufgebaut wurden in den letzten Jahren die Informationsmöglichkeiten über die Dorf-App, über Instagram, Facebook und die neue Website der Gemeinde Nottuln. Diese Angebote werden ständig aktuell gehalten. Derzeit ist (noch) nicht geplant, die Ausschusssitzungen zu streamen, alle Sitzungen sind aber öffentlich. Der neue Rat kann diesen Wunsch gern aufnehmen und neu entscheiden.

Bereits jetzt ist die Lärmbelastung durch die nahe gelegene Autobahn deutlich spürbar. Mit der geplanten Erweiterung des Gewerbegebiets Beisenbusch und dem Bau zusätzlicher Lagerflächen verschärft sich die Situation weiter. Auch das zukünftige Polizei-Trainingszentrum wird voraussichtlich zusätzlichen Verkehr und weiteren Lärm mit sich bringen. Sind in diesem Zusammenhang konkrete Lärmschutzmaßnahmen angedacht und in Planung?

Thönnes: Für alle größeren Bauvorhaben und Erweiterungen werden, wenn notwendig, Verkehrs- und Lärmschutzgutachten erstellt. Die entsprechend darin festgesetzten Maßnahmen müssen von den Bauherren umgesetzt werden. Details dazu findet man in den jeweiligen Baugenehmigungen. Im Rahmen von Bauleitplanverfahren werden ebenfalls regelhaft Verkehrs- und Lärmgutachten erstellt.

Wie lässt sich in Appelhülsen die vom Straßenverkehr geprägte und über allen Maßen hiervon dominierte Ortsmitte umgestalten und aufwerten?

Thönnes: Schon in den letzten Jahren haben wir uns bemüht, das Ortsbild Appelhülsens, das durch die beiden großen, sich kreuzenden Straßen geprägt ist, zu verbessern. Dazu gehören die Anpflanzungen im Kreuzungsbereich, die mithilfe vieler Bürger angelegt wurden und gepflegt werden. Das Projekt „Grünes Band“ wird zudem an der Lindenstraße bis zur Einmündung Erlenstraße weitergeführt. Im Rahmen der Bahnunterführung wird der Bereich am Bahnhof und an der Bahnhofstraße aufgewertet werden.

Seit einiger Zeit steht fest, dass der Flüchtlingsstrom nachlassen wird. Sie machen weiter mit Ihrem Projekt „Longinushöfe“. Können Sie sich noch eine Kurskorrektur vorstellen? Sind die Kosten verantwortbar, tragbar und kalkulierbar? Wie hoch ist der Kaufpreis für die Longinushöfe, insbesondere für den Marienhof?

Thönnes: In den letzten Wochen sind die Zuweisungen wieder gestiegen. Die Longinushöfe bieten maximal Platz für bis zu 200 Menschen – rechnerisch also im Idealfall gerade einmal zehn Plätze mehr, als in den Hallen geschaffen wurden, in denen derzeit knapp über 80 Personen untergebracht werden. Allein damit haben wir eines der beiden Häuser bereits fast ausgelastet. Der angespannte Wohnungsmarkt hat zur Folge, dass die Mehrzahl der Geflüchteten mit guter Bleibeperspektive und sogar Aufenthaltsrecht in den gemeindlichen Unterkünften verbleibt. Solange mehr Menschen nachkommen als ausziehen, verschärft sich die Lage. Eine Entlastung ist letztlich nur dann in Sicht, wenn der Wohnungsmarkt mehr Menschen aufnehmen kann. In diesem Jahr wurden der Gemeinde Nottuln bereits über 60 Geflüchtete zugewiesen. Für diese Zuweisungen brauchen wir auch zukünftig Platz, obwohl wir viele Wohnungen anmieten und auch selbst bauen, um eine bestmögliche Integration der Geflüchteten bei uns in Nottuln zu ermöglichen. Langfristig bleibt die Integration in den frei verfügbaren Wohnungsmarkt unser Ziel, deshalb treiben wir den sozialen Wohnungsbau weiter voran. Da es sich beim Kauf des Marienhofes samt des dazugehörigen Ackers um ein privatwirtschaftliches Rechtsgeschäft handelt, darf aus Daten- und Käuferschutzgründen öffentlich keine Auskunft gegeben werden. Deshalb wurde der Ankauf auch im nicht öffentlichen Teil des Rates beschlossen.

Anwohner der Coubertinstraße in Nottuln bemühen sich seit Jahren vergeblich um eine Reduzierung der inzwischen übergroßen Bäume. Schattenwurf und Unterwurzelung des Gehsteigs und der angrenzenden Grundstücke sind dabei nur die zwei größten Probleme. Unserer Beobachtung nach wurden in den letzten zwei Jahren weder Fällungen, noch irgendwelche Maßnahmen zur Kronenpflege durchgeführt. Gibt es Bestrebungen, diese Probleme zeitnah zu lösen?

Thönnes: Jeder Kronenrückschnitt bedeutet einen Wachstumstrigger für die Bäume, die ohnehin in einer Straße stehen, die zu dicht bepflanzt ist – bei zu kleinen Gehwegen. Die Fachleute raten also vom Rückschnitt der Bäume ab. Die Politik hat sich im Herbst 2021 gegen eine Fällung der Bäume entschieden, und der Baubetriebshof lässt die Straße inklusive der Bäume regelmäßig sichten und beurteilen. Pflegearbeiten zur Sicherung der Verkehrssicherheit werden deshalb regelmäßig durchgeführt.

Wie sieht es rund um das Insolvenzverfahren in der Alten Amtmannei aus?

Thönnes: Die Immobilie dürfte in Kürze wieder vermietet sein. Es gibt viele Bewerber. Wir sichten gerade, wer infrage kommt. In dieser Sache ist mit einer zügigen Entscheidung zu rechnen.

Wie sieht es für junge Familien in Nottuln aus mit Angeboten für Kinder? Gibt es einen Plan, den Ort attraktiver für Familien zu machen?

Thönnes: Das Thema Familienfreundlichkeit ist ein Schwerpunktthema der kommenden Jahre: Neben dem Schaffen von geeignetem Wohnraum, der Bereitstellung von Kita-Plätzen und der schulischen Infrastruktur mitsamt den Schülerbusverkehren investieren wir in Spielplätze, Sportstätten und familienfreundliche Veranstaltungen wie zum Beispiel das „Familien-Freibad“ am 31. August, das im Wellenfreibad stattfindet. Zudem unterstützen wir die außerschulischen Lernorte, die im Regelfall durch Vereine oder Einzelpersonen betreut werden. Bei jedem Neubaugebiet und jeder Umgestaltung wird das Thema Familie mitgedacht und berücksichtigt. Auch im Rahmen des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes Nottuln (ISEK) 2035 sollen Maßnahmen in diesem Bereich durchgeführt werden – zusätzlich auch in allen Ortsteilen.

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