Anwohnerprotest frischt auf (14.10.2025)
Windkraft in Ottmarsbocholt: Offener Brief an Landrat und Bürgermeister
Von Dietrich Harhues
OTTMARSBOCHOLT. Einsätze wegen Ruhestörung gehören für die Polizei auch im Kreis Coesfeld zum Alltag. Weniger alltäglich: Wenn der Streifenwagen zu einer Windkraftanlage gerufen wird. So geschehen am 6. Oktober gegen 3.30 Uhr, als sich ein Nachbar – wie es aus dem Kreis der Initiative der Anwohner der Anlagen heißt – nicht anders zu helfen gewusst und Polizei alarmiert und Ordnungsamt informiert habe. Viel unternehmen konnten die Beamten nicht. Doch was der Einsatz – den die Pressestelle der Kreispolizeibehörde auf Anfrage bestätigt – zeigt, ist, dass die Anspannung rund um die Strom-Lieferanten bei den Anwohnern weiterhin hoch ist. Das wird auch daran sichtbar, dass sie sich mit einem offenen Brief an Bürgermeister Sebastian Täger und Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr gewandt haben.
Offenherzig ist auch der Ton, den die Anlieger in dem Schreiben anschlagen, das am Sonntagabend an die Behörden – und einige Medien – ging. Wörtlicher Tenor: „Dass diese Prototypenanlagen nach einer derartigen Beschwerdeflut überhaupt noch nachts betrieben werden dürfen, ist eine Frechheit uns Betroffenen gegenüber.“
In dem von einigen Familien unterschriebenen Brief machen die Anwohner geltend, dass sie „nachts keinen erholsamen Schlaf mehr finden“. Die Lebensqualität sei „stark eingeschränkt“ und die Gesundheit insbesondere der Kinder „gefährdet“.
Dem Kreis als Genehmigungsbehörde werfen die Nachbarn der beiden Anlagen vor, dass trotz massiver Hinweise „wochenlang nichts passiert“ sei, „bis auf spärliche Versuche“, den Betrieb der Anlagen „zu legitimieren“. Dazu gehöre auch, dass der Kreis mittlerweile zum zweiten Mal seine Ursprungsgenehmigung im Nachgang „angepasst“ habe. Ein „klarer Rechtsverstoß“ und ein „bedenkliches Maß an Ignoranz gegenüber betroffenen Bürgerinnen und Bürgern“, wie es weiter heißt.
Im Gespräch mit unserer Redaktion bestätigt einer der Initiatoren des Briefes, dass die Gruppe der Nachbarn der Windmühlen den Ton bewusst verschärft habe, weil der bisherige Protest kaum Wirkung gezeigt habe. „Wir sind die leeren Phrasen und sich wiederholenden Floskeln leid.“
So sei es „schon sehr merkwürdig“, dass zwar Mitarbeiter des Kreises bei den Betroffenen „vorbeischauen“, wie es heißt, das entsprechende Mess-Equipment aber nicht dabei hatten.
Der springende Punkt, wie die Anwohner auf Anfrage beteuern: Auch nach der Reparatur an den Rotoren sei die Lärmbelastung, die zunehme, sobald der Wind etwas auffrischt, nicht geringer geworden.
Als Sprecher der Gemeinde Senden erklärt Niklas Esser, dass die Verwaltung die Hinweise ernst nehme und die Anwohner mehrfach angehört habe. Ansonsten könne die Kommune aber nur auf die Zuständigkeit des Kreises verweisen.
Dort wird der offene Brief mit „Verwunderung“ aufgenommen, wie es auf Anfrage unserer Redaktion heißt. Den Vorwurf des Ignorierens weist Coesfeld zurück. „Im Gegenteil“, wie Fabian Klönne als Kreissprecher betont. Die Fachabteilung sei „im täglichen Austausch“ mit den Anwohnern gewesen. Die von ihnen vorgetragene Lärmbelästigung lasse aber kein Einschreiten des Kreises zu. Dies habe sich bei wiederholten nächtlichen Ortsterminen ergeben. Dabei habe ein Fachmann des Kreises auch Messungen durchgeführt. Diese seien aber rechtlich nicht relevant. Aber sie hätten schon einen Anhaltspunkt geliefert, wonach die Schallbelastung nicht höher als die genehmigten Werte ausfalle. Klönne spricht hier von einer „Indiz-Wirkung“.
Objektive und rechtlich verbindliche Werte liegen erst mit der sogenannten „Abnahmemessung“ vor. Dabei müssten aber bestimmte Rahmenbedingungen (Wind, Wetter, Belaubung der Bäume) eingehalten werden. Der Kreis habe den Betreiber aufgefordert, diese Messung „kurzfristig“ durchführen zu lassen. Was noch im Herbst geschehen soll. Sollten sich bei einer Anlage dann Überschreitungen ergeben, werde diese ihre Leistung drosseln müssen. Im Fall einer Unterschreitung, ergänzt der Kreis ausdrücklich, könne der Betreiber aber auch eine Steigerung der Leistung eingeräumt bekommen.
Den Vorwurf, dass Genehmigungen zur „Legitimierung “ angepasst worden seien, weist der Kreis ebenfalls zurück. Hintergrund seien veränderte rechtliche Vorgaben gewesen.
Historisch alle Artikel finden Sie unter dem Archiv-Reiter