War das Windrad richtig montiert? (04.11.2025)
Fehlersuche nach der Havarie / Weitere baugleiche Anlagen im Münsterland
Von Marc Knieper und Gunnar A. Pier
HAVIXBECK. Vergangene Woche Montag (27. Oktober) krachte in Herkentrup das 200 Tonnen schwere Maschinenhaus eines Windrades samt Nabe und drei Rotorblättern zu Boden. Nun gibt es erste Erkenntnisse zur Ursache – doch viele Fragen sind noch offen.
Klar ist: Das muss heftig gerummst haben. Was in Havixbeck aus weit über 100 Metern zu Boden krachte, wog nach Angaben von Windrad-Hersteller Nordex rund 200 Tonnen – und somit so viel wie ein Blauwal oder 100 Bullis oder 200 Kleinwagen. Nabe und Rotoren schlugen auf einem Acker in der Bauerschaft Herkentrup ein.
Wie es zu dem Unglück, bei dem niemand verletzt wurde, gekommen ist, war zunächst schwer zu ermitteln. Denn der 149 Meter hohe Turm der Windkraftanlage ist stehen geblieben. Weil nicht abzusehen war, ob er umfallen könnte, durfte sich zunächst niemand den Trümmern am Boden nähern. Stattdessen schauten sich Experten mithilfe von Drohnen um.
Inzwischen konnten sich nach Angaben des Herstellers Nordex die Gutachter der Unfallstelle nähern. Am Montag wehten erste Erkenntnisse herüber. Demnach könnte „eine Kombination aus Installations- und Qualitätsabweichungen zu dem Vorfall beigetragen“ haben, erklärte Nordex-Sprecher Felix Losada auf Nachfrage unserer Redaktion. Diese Hypothese werde durch Fachleute des Herstellers in enger Zusammenarbeit mit dem Betreiber weiter überprüft.
Nach Darstellung von Nordex konnte kein Zusammenhang mit dem Turbinendesign festgestellt werden. Das heißt: Die Ursache liege offenbar nicht in der Konstruktion der Anlage selbst, sondern möglicherweise in der Montage oder der Verarbeitung einzelner Komponenten. Der Unfall werde als „isolierter und außergewöhnlicher Einzelfall“ bewertet.
Das ist beruhigend, denn der betroffene Windrad-Typ ist sehr verbreitet. Seit 2017 hat Nordex nach eigenen Angaben mehr als 1500 Anlagen dieses Typs produziert, die weltweit im Einsatz seien. Drei stehen alleine in Havixbeck nebeneinander, sie laufen seit Februar 2024. Im Kreis Steinfurt gebe es weitere 18 Anlagen des Typs Nordex N149, teilte der Kreis auf Anfrage unserer Redaktion mit. Vier davon seien derzeit in Betrieb, mehrere Anlagen laufen auch im Kreis Warendorf. Im Kreis Borken gibt es den Typ nicht.
Von einer erhöhten Alarmbereitschaft rund um die N149-Anlagen ist im Münsterland derweil nichts zu hören. „Wir informieren uns derzeit über Hintergründe und mögliche Ursachen. Bis uns keine hinreichenden Anhaltspunkte eines grundsätzlichen Material- bzw. Serienfehlers oder Ähnlichem vorliegen, werden wir keine Stilllegung veranlassen“, erklärte etwa die Warendorfer Kreisverwaltung. Ähnliches teilten die Steinfurter Kollegen mit.
Doch das Landesumweltministerium hatte die Kreise per Erlass angewiesen, alle Betreiber von Anlagen des Typs über die Havixbecker Havarie zu informieren. In Havixbeck selbst gehören die drei Windkraftanlagen beispielsweise einer GmbH, an der auch viele Privatleute beteiligt sind.
Während die beschädigte Anlage in Havixbeck weiterhin untersucht wird, sollen die anderen Windräder im Windpark bald wieder ans Netz gehen. Dies geschehe in Abstimmung mit den zuständigen Behörden. Laut Nordex sind weltweit mehr als 770 Turbinen mit derselben Turmkonfiguration in Betrieb, viele davon seit etwa acht Jahren. Vergleichbare Vorfälle habe es bisher nicht gegeben.
Analysen zu möglichen Umweltverschmutzungen liegen laut Nordex-Sprecher Felix Losada bislang noch nicht vor. Vorrang habe derzeit die Ursachenforschung. Erst wenn klar sei, warum das Windrad abgestürzt ist, sollen die weiteren Untersuchungen folgen.
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