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Von Hysterie und Unzufriedenheit (06.11.2025)

Konstituierende Ratssitzung mit Rede des Bürgermeisters

Von Ludger Warnke

NOTTULN. Bürgermeister Dr. Dietmar Thönnes hat sich in seiner Antrittsrede zu seiner zweiten Amtszeit kritisch zur Stimmungslage in der Gemeinde und zum Umgang mit Menschen und Themen geäußert. „Niemand wird ernsthaft behaupten, dass es uns in Nottuln schlecht geht. Und trotzdem erleben wir sehr regelmäßig eine Kultur der Unzufriedenheit und der Ansprüchlichkeit“, sagte Thönnes am Dienstagabend in der konstituierenden Ratssitzung.

Der Bürgermeister machte seine Kritik unter anderem an der Gerüchteküche über die Anstellung eines ehemaligen Gastronomen in der Gemeindeverwaltung fest. „Die Hysterie über die Besetzung einer völlig unspektakulären Stelle im Geschäftszimmer sucht seinesgleichen. Die Unterstellungen, dass ‚Vetternwirtschaft‘ gelebt wird oder etwas ‚ein Geschmäckle‘ hat, zeugen nach meiner Auffassung im Wesentlichen davon, dass wir offensichtlich keine größeren Probleme in Nottuln haben“, sagte Thönnes.

Der Tag der konstituierenden Ratssitzung war für den Bürgermeister kein Tag wie jeder andere. Am Morgen hatte Gemeinderechtsdirektor Stefan Kohaus Thönnes in einer unspektakulären Feierstunde die Urkunde für die zweite Amtszeit überreicht. Am späten Nachmittag dann der ökumenische Gottesdienst als Angebot an Ratsmitglieder und Bürger, danach im Forum die öffentliche Ratssitzung. Vor dem Forum hatten sich rund 20 bis 30 Bürger versammelt und drückten mit Flyern ihren Protest gegen den Ausbau der Windenergie in der derzeit geplanten Größe aus.

Helmut Walter als dienstältestes Ratsmitglied eröffnete die Sitzung und nahm dem Bürgermeister den Diensteid ab. Schließlich die Antrittsrede des Bürgermeisters, die eine Spur offener als sonst ausfiel und in der Thönnes nicht nur den Haushaltsentwurf 2026 ansprach, sondern auch vergangene politische Ereignisse kommentierte. Dabei wurde deutlich: Die vielen bösen und gehässigen Unterstellungen bei manchen Themen haben ihn menschlich sehr getroffen.

Der Bürgermeister nannte die Demokratie einen Grundpfeiler unseres Zusammenlebens. Das bedeute aber nicht, dass sich jede und jeder mit seiner und ihrer Meinung durchsetzt. Am Ende sei die Mehrheitsentscheidung der gewählten Volksvertreter anzuerkennen.

Im Wahlkampf habe es Parolen gegeben, die denken ließen, dass Themen jederzeit mit einem Fingerschnippen zu lösen seien. Das grenze an Populismus und habe mit Wahrheit wenig zu tun. „Wir haben nicht das Geld in der Gemeindekasse, um die Grundsteuer zu senken, alles barrierefrei zu gestalten, alle Schulen zu sanieren und auszubauen, eine Musikschule zu planen oder in den kommenden Jahren ein Veranstaltungszentrum zu bauen. Das weiß ich, das wissen Sie, und eigentlich wissen es auch die Bürger und Bürgerinnen“, sagte Thönnes.

Beim Thema Windenergie sah Thönnes viele Emotionen, viele Vermutungen und gefühlte Wahrheiten. Miteinander im Rat habe man entschieden, dass Nottuln bis 2030 klimaneutral werden wolle. Und wenn am Ende ein Konflikt nicht auszuräumen sei, dürfe gerne die Justiz eine Klärung herbeiführen.

Anmerkungen machte der Bürgermeister auch zur Schließung des DRK-Kindergartens am Kastanienplatz („Die Verantwortung liegt allein beim Träger“) und zur Unterbringung der Geflüchteten in der Gemeinde, insbesondere in den Longinushöfen. Thönnes: „Es ist moralisch wie menschlich nicht zu rechtfertigen, Geflüchtete in der Nachbarschaft zu kriminalisieren. Unsere Pflicht ist es, Fremdheit und Veränderungen im Leben auszuhalten, anzunehmen und gut zu begleiten.“

Mit Blick auf die künftige Zusammenarbeit machte der Bürgermeister deutlich, dass sich die Verwaltung verändert habe. Die Schlagzahl habe erheblich zugenommen, die Verwaltung sei jünger, digitaler und konsequenter geworden. Das sollte nicht nur die Politik, sondern auch die Bürgerschaft anerkennen und „ein Stück weit mehr unserem Verwaltungshandeln vertrauen“.

Thönnes plädierte dafür, das Menschliche und Persönliche nicht vom Amt zu trennen, damit Politik nicht entmenschlicht werde, und verwies auf Erkenntnisse der Neurowissenschaftlerin Maren Urner, wonach radikale Aufmerksamkeit, radikale Ehrlichkeit und radikale Verbundenheit zu besseren Entscheidungen, notwendigen Veränderungen und zukunftsorientiertem Denken und Handeln führen können.

„Uns allen wünsche ich, dass wir Nottuln und seine Bürgerinnen und Bürger gut im Blick haben, dass wir entschlossen in die Zukunft gehen und miteinander in einem guten und respektvollen Diskurs bleiben“, beendete der Bürgermeister seine Rede. Aus allen Fraktionen erhielt er Beifall.

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